VERTRAUEN – AUCH IM GESCHÄFTSLEBEN?

Eine Betrachtung zur Weihnachtszeit aus ethischer und rechtlicher Perspektive

Ein Beitrag von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin, Mediatorin und Coach
German Council Magazin, Ausgabe 05/2016, Seite 36-38

Weihnachtskarten, Weihnachtsschmuck, Weihnachtsgeld, Weih­nachtsspenden, Weihnachtsfeiern, Weihnachtsgeschenke, Weihnachtsurlaub usw. Auch im Geschäftsleben ist Weihnachten ein Fixpunkt im Jahr, dessen Bedeutung unübersehbar ist.

Weihnachten… das Fest der Liebe. Dass Liebe etwas mit Vertrauen zu tun hat, ist eine Selbstverständlichkeit. Liebe wird Lebenspartnern, Kindern, der Familie und den Freunden entgegengebracht. Vertrauen findet hier seine Basis in einer persönlichen Beziehung und ist unabdingbar für deren Gelingen. Aber gilt das ebenfalls für geschäftliche und berufliche Beziehungen im Wirtschaftsleben? Ginge es nicht zu weit, wenn auch im geschäftlichen Bereich nur eine besondere vertrauensgeprägte Beziehung den Erfolg garantiert; werden Geschäftspartner/Geschäftsbeziehungen damit schlichtweg überfordert? Birgt eine vertrauende Haltung zu viel Wagnis?

rechtliche Vertrauenstatbestände

Ein Blick in den Bereich des Rechts zeigt, dass es sehr wohl Vertrau­enstatbestände gibt, die sogar Rechte schaffen. Ansprüche entstehen, weil Vertrauen ent­standen war. Geschäfts­partner werden unter bestimmten Voraus­setzungen in die Haftung genommen, weil Vertrauen schaffendes Handeln auch rechtlich nicht enttäuscht werden darf. Sie müssen sich aufeinander verlassen können.

Also ist das »Vertrauen« doch eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliches Handeln? Namhafte Denker von der Stiftung Weltethos haben ein Manifest Globales Wirtschaftsethos erarbeitet, das am 6. Oktober 2009 in einer Veranstaltung im Rahmen des UN-Global Compact im UN- Hauptquartier in New York der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Das Manifest wurde von globalen Führungspersonen aus Wirtschaft, Politik und Religion unterzeichnet und dient der individual- und tugendethischen Fundierung der Managementprinzipien des UN-Global Compact.

Danach gehören zu den Grundwerten für globales Wirtschaften Wahrhaftigkeit und Toleranz. In II Artikel 10 des Manifest Globales Wirtschaftsethos heißt es:

»Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit sind Werte, ohne die nachhaltige und Wohlfahrt fördernde Wirtschaftsbeziehungen nicht gedeihen können. Sie sind Voraussetzungen für die Bildung von Vertrauen im zwischenmenschlichen Miteinander sowie im ökonomischen Wettbewerb.« 

Die Unverzichtbarkeit von Vertrauen auch in Wirtschaftsbeziehungen wird hier vorausgesetzt. Es kann nur entstehen, wenn Werte wie Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit dem wirtschaftlichen Handeln zugrunde gelegt werden.

Prof. Dr. Hans Küng, Präsident der Stiftung Weltethos, vertritt die Ansicht, dass im Leben eine Grundentscheidung getroffen werden muss, und zwar für oder gegen ein Grundvertrauen. Ein am Grundvertrauen ausgerichtetes Handeln bestimmt dessen Qualität und bleibt eine lebenslange Aufgabe.

Vertrauen heißt, zu hoffen, zu glauben und… zu lieben. Es handelt sich hierbei um einen Dreiklang, der urmenschliche Bedürfnisse widerspiegelt und für die Fortentwicklung des Menschen – auch im geschäftlichen Bereich – unerlässlich ist, um Stillstand zu vermeiden.

Vertrauen bedeutet in erster Linie zu hoffen. Es ist zukunftsgerichtet und beinhaltet den Wunsch, dass die Zukunft sich erfüllen wird. Das, was nicht vorhergesagt werden kann, wird in der Vorstellung vorweggenommen. Es bildet gedanklich das Fundament für das weitere »neue« und »andere« Handeln, für Fort- und Weiterentwicklung.

Zum Vertrauen gehört weiterhin, daran zu glauben, dass das Erhoffte Realität wird. Dieser Glaube fordert von jedem Einzelnen, Veränderungen zuzulassen und den Sprung vom Alten zum Neuen zu wagen. Eine lähmende Ungewissheit kann nur überwunden werden, indem auf der Grundlage des Glaubens an die Zukunft ein erster Schritt versucht wird. Ohne das Wagnis der Fortbewegung, des Standort-und Perspektivenwechsels, ist eine Fortentwicklung nicht möglich.

Und letztlich… auch angesichts von Weihnachten kommt noch einmal der Gedanke auf, ob es nicht doch die Menschenliebe ist, die ein Vertrauen auch in der Wirtschaft entstehen lässt, die sich nur anders definiert als in persönlichen Beziehungen. Hierzu soll nochmals das Manifest Globales Wirtschaftsethos zitiert werden. Dort heißt es in I Artikel 3: »Gutes zu fördern und Böses zu meiden, ist eine Menschenpflicht, die als moralischer Maßstab auch an wirtschaftliches Entscheiden und Handeln angelegt werden muss. Eigeninteressen zu verfolgen ist legitim, doch das Suchen des eigenen Vorteils durch eine gezielte Schädigung des Partners, also mit unethischen Mitteln, ist unvereinbar mit einem nachhaltigen Wirtschaften zum wechselseitigen Vorteil.«

Mit anderen Worten ausgedrückt entspricht ein Wirtschaften, das legitimer Weise im eigenen Interesse erfolgt, dann ethischen Standards, wenn eine gezielte Schädigung des Wettbewerbers unterbleibt und wenn Gutes gefördert wird. Hierzu bedarf es eines Dialogs zwischen Geschäftspartnern, der auf beiden Kommunikationsseiten von Vertrauen geprägt wird. Eine vertrauenerweckende Haltung und das Entgegenbringen von Vertrauen müssen korrespondieren. So wird das wirtschaftliche Handeln vor Verhärtung und Erstarrung bewahrt. Eine Dynamik der geschäftlichen Beziehung wird möglich.

Weihnachten 2016 Dr. Ursula Grooterhorst, Mediatorin, Coach und Rechtsanwältin in Düsseldorf

Vertrauen, das in geschäftlichem Handeln zum Ausdruck kommt, führt dazu, dass aufgrund eines Dialogs Gegensätze überwunden werden und neue Wege unter Berücksichtigung der eigenen Interessen wie auch derjenigen der Anderen gewagt werden. Es ist nicht nur Voraussetzung für die Fortentwicklung wirtschaftlichen Handelns und eine Nachhaltigkeitsvoraussetzung für wirtschaftlichen Fortschritt und Erfolg, sondern trägt gleichzeitig zur Entwicklung der menschlichen Zivilisation bei.

Die Botschaft von Weihnachten bestärkt darin, dass das »Neuwerden« Sinn macht und dass das Vertrauen in das Leben gerechtfertigt ist. Gerade die Zeit vor Weihnachten ist daher der richtige Moment dafür, erneut über das »Vertrauen« im Geschäftsleben zu reflektieren.

Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin, Mediatorin und Coach
German Council Magazine
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Ausgabe 05/2016/Vertrauen

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